
Anatomie der Ausdauer: Marta García denkt den Leistungssport neu
Marta García ist mehr als eine Ausnahmeläuferin. Sie denkt den Hochleistungssport wissenschaftlich mit, verbindet medizinisches Wissen mit mentaler Stärke und zeigt, dass man nicht wählen muss zwischen Profileben und geistiger Weiterbildung. Ein Porträt über Disziplin, Neugier - und eine Athletin, die das Laufen bis in die Tiefe versteht.
Words: Lukas Motschmann
Photos: Florian Kurrasch


Disziplin, Neugier und der Mut zur Entscheidung – das ist Marta García. Die 27-jährige Spanierin ist eine der spannendsten Persönlichkeiten im europäischen Mittel- und Langstreckenlauf: mehrfach spanische Meisterin, nationale Rekordhalterin – und Ärztin. Ihre Karriere zeigt, dass Hochleistungssport und akademischer Anspruch einander nicht ausschließen müssen. Im Gegenteil: Für García bedingen sie sich.
Was heute so geschlossen wirkt, war über Jahre ein Balanceakt. Nach dem Schulabschluss entschied sie sich für ein Medizinstudium – und behielt das Laufen zunächst eher als Ausgleich. „Ohne den Sport wäre ich im Lernstress versunken“, sagt die spanische Rekordhalterin über 5000m (14:44.04 min) rückblickend. Erst mit dem Studienabschluss 2022 kam die große Entscheidung: Klinik oder Karriere auf der Bahn? Sie entschied sich für den Profisport – aber nicht gegen die Medizin.

“Ich will nicht nur laufen, ich will verstehen, was im Körper passiert – und mein Wissen weiterentwickeln”
- Marta García
Heute trainiert sie mit dem On Athletics Club auf Weltklasse-Niveau. Doch daneben absolviert sie einen Master in Sportmedizin, spezialisiert sich zudem auf Hochleistungs-Ausdauerphysiologie – gezielt in dem Bereich, der sich extrem mit dem Laufsport beschäftigt, im klassischen Medizinstudium aber kaum behandelt wird. „Ich will nicht nur laufen, ich will verstehen, was im Körper passiert – und mein Wissen weiterentwickeln“, sagt García. Ihr Ziel: nicht nur Top-Athletin, sondern vor allem im von vielen Athlet:innen beinahe gefürchteten "Leben danach" Expertin für High Performance Endurance Sport zu sein.

Unterstützt wird sie dabei durch das Athlete Compass-Programm von On. Es vernetzt Athlet:innen mit Bildungs- und Coachingangeboten – und war für García ein Schlüssel in der Phase der Neuorientierung. Dort lernte sie auch ihren heutigen Mentalcoach kennen, der ihr half, ihren eigenen Weg zu finden. „Natürlich wollten meine Trainer, dass ich mich ganz auf den Sport konzentriere – aber das bin ich nicht“, sagt sie offen. „Ich brauche mehr als nur Rennen und Trainingspläne.“
“Es geht nicht darum, perfekt zu sein – sondern konsequent. Wer fokussiert ist und an sich glaubt, kann beides schaffen.”
- Marta García
Diese Haltung macht sie zu einer Ausnahmeerscheinung in einer oft eindimensionalen Leistungskultur. Auf Social Media teilt sie Einblicke in ihren Alltag – zwischen Trainingseinheiten, Masterseminaren und Reflexionsmomenten. Ihre Botschaft an junge Menschen ist klar: „Es geht nicht darum, perfekt zu sein – sondern konsequent. Wer fokussiert ist und an sich glaubt, kann beides schaffen.“


Der nächste große Schritt ist die Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Tokio – ein sportlicher Höhepunkt. Doch Marta wirkt ziemlich gelassen: Sie gestaltet aktiv eine Zukunft, in der Wissen, Körpergefühl und mentale Stärke zusammengehören.

