Hendrik Pfeiffer: „Sogar der Renndirektor hat mich gewarnt!“
Der deutsche Marathonprofi Hendrik Pfeiffer hat mit seiner Performance beim New York City Marathon für eine kleine Sensation gesorgt. Bei dem legendären Rennen übernahm er sogar vorübergehend die Tempoarbeit. Dabei ging es ihm in New York gar nicht um die Zeit.
Words: Agata Strausa
Photos: Kai Heuser
Der New York Marathon hat einen besonderen Zauber
Rund um den Marathon dominiert der Sport die Metropole. Viele Laufveranstalter mögen behaupten, die Stimmung an ihrer Strecke sei die beste. Doch New York spielt wirklich in einer anderen Liga. Das bestätigt auch Hendrik Pfeiffer. Der deutsche Profiläufer ist gerade beim New York Marathon gelaufen und hat ein Top-Ergebnis erzielt: 2:12:54 und Platz Zwölf. „Ich bin sehr, sehr zufrieden,“ sagt der 30-Jährige unmittelbar nach dem Lauf, „vor allem auf dieser so schwierigen Strecke."
Ein bisschen schade sei es, keine Top-10-Platzierung erreicht zu haben, so Hendrik. Trotzdem war noch nie ein deutscher Läufer so schnell wie er in New York. In der ersten Hälfte des Rennens übernahm Hendrik sogar für längere Zeit die Führung des Elitefelds – ein Gänsehautmoment. Das Rennen hat ihm einen Boost an Selbstvertrauen gegeben. „Das ist eine Basis, auf der man jetzt einen Sprung machen kann“, sagt Hendrik. „Es kann auf 2:07, 2:06 gehen.“ Dabei ist er vor gerade einmal sechs Wochen beim Berlin Marathon schon eine sehr gute Zeit gelaufen. Wie macht er das?
más: Boston, Berlin und jetzt New York: Das sind drei World Major Marathons in einem Jahr. Nach welchen Kriterien suchst du dir deine Rennen aus?
Hendrik: Das sind die drei größten Marathons, die man sich vorstellen kann. Es ist schon so, dass ich mich zusehends auf die größere Bühne ausrichte. Auf regionaler Ebene mit Köln, Düsseldorf und Hannover habe ich schon alles gewonnen oder zumindest gute Platzierungen geholt. Es ist ein großartiges Gefühl, wettbewerbsfähig mit so großen Namen wie in New York zu sein. Auf den Unterdistanzen mögen sie wesentlich schneller sein, aber beim Marathon sind sie nicht weit weg, da kann ich mitlaufen. Ich versuche, mir einmal im Jahr einen schnellen Marathon auszusuchen, wie Berlin. Aber auch gleichzeitig einen wie Boston reinzusetzen, wo die Strecke keine besonders schnelle Zeit hergibt. Da geht es mir um das Erlebnis. Wenn ich mich Frage, ob ich mehr Bock auf Valencia oder New York habe, dann ist New York einfach geiler!
„New York ist vom Erlebnisfaktor das Größte, was man machen kann.”
Der Berlin Marathon ist gerade sechs Wochen her. Da hast du mit 2:08:48 deine Bestzeit pulverisiert. Warum jetzt auch noch New York?
Ich bin mir bewusst, dass das ziemlich ambitioniert war! Sogar der Renndirektor von New York hat mich vor dem Doppel gewarnt! Aber viele Belastungen in kurzer Zeit gut zu verkraften, ist auch irgendwo meine Stärke. Treppensteigen nach dem Marathon ist jetzt gar kein Problem, so gut haben sich meine Beine nach einem Rennen noch nie angefühlt. New York ist neben Boston das Größte, was man laufen kann. Es war eine Ehre, hier ins Elitefeld reingekommen zu sein, das ist nicht selbstverständlich. New York ist vom Erlebnisfaktor das Größte, was man machen kann.
„Jede einzelne Einheit war eine Tortur.”
Wann hast du dich entschieden, beide Marathons zu laufen?
Das stand schon vor Berlin fest. Ich habe mein Training voll auf Berlin ausgerichtet und dann versucht, die Form danach halbwegs zu halten oder zumindest den Formverlust einzudämmen. Das war im Oktober ziemlich schwierig. Da musste ich auch einige Kompromisse eingehen. Etwa Training auf den Seychellen…
Eine eher ungewöhnliche Location für ein Trainingslager. Die Seychellen sind ja nicht gerade als Läufermekka bekannt.
Ich habe mit Esther [Hendriks Partnerin, Anm. d. Red.] besprochen: Vor Berlin keine Kompromisse. Und Esther war bis zum Köln Marathon „all-in“, den sie dann auch gewonnen hat. Dass wir danach Urlaub machen, hatten wir so besprochen. Wir sind seit drei Jahren nicht mehr in Urlaub gewesen und so hätte es wieder nicht funktioniert. Das Klima auf den Seychellen war tropisch. Man war nach einem Kilometer überhitzt, auch bei normalen Dauerläufen. Jede einzelne Einheit war eine Tortur, meistens ist es bei nur einem Training am Tag geblieben. Ich habe die Einheiten zudem auf den Abend geschoben. Es hat aber tatsächlich super gut funktioniert!
Dein Lauf in New York war tatsächlich sehr stark! Was war für dich der beste Moment?
Es war ein besonderes Gefühl, vorne zu laufen bei so einem Rennen. Und das nicht nur für ein paar Meter, sondern für 30 Minuten. Ich habe da einfach meinen Stiefel durchgezogen, bin nie eingebrochen und hab alles immer kontrolliert. Es war insgesamt einfach ein sehr cooles, rundes Rennen, wo die Zuschauer wahnsinnig mitgegangen sind. Aber das Beste war, in New York zu führen.
Und wenn du dich entscheiden müsstest: Berlin, Boston oder New York: Welcher Marathon ist der Beste?
Ganz schwierige Frage! Alle drei haben ihren speziellen Charme. In Berlin hat man natürlich auch den Heimvorteil. Das war in diesem Jahr auch cool, da hat einem jeder an der Strecke gekannt. Boston und New York sind natürlich noch ein Stück größer. In New York hat man auch die spektakuläre Kulisse, da hat man den krassesten Vibe, was die Stadt angeht. In Boston ist die Stimmung am besten, wie die Leute toben, etwa wenn es durch den „Scream-Tunnel“ geht. Und Berlin? Ist halt die schnellste Strecke!
Deine Verlobte Esther ist auch eine sehr gute Langstreckenläuferin. Wie ist das, gemeinsam eine Leidenschaft zu leben?
Das ist toll, und wahrscheinlich funktioniert es deshalb auch so gut. Denn der Lifestyle ist schon extrem. Das würden nicht viele mitgehen. Wir können uns hervorragend pushen, nicht nur im Training, sondern auch im Alltag. Es ist auf jeden Teil ein Riesenvorteil zu wissen, dass da jemand ist, der einen versteht. Das schweißt zusammen. Kompromisse einzugehen, geht einfacher, wenn man das gleiche Schicksal teilt. Wir pushen uns auch im Bereich der Ernährung. Da hilft Esther mir viel, damit wir uns gesund ernähren. Sie kann ganz toll kochen!
Danke für das Gespräch!